Der letzte Termin Thriller Shot von J.P. Conrad
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Ein Albtraum auf fünf Quadratmetern.
Der biedere Versicherungsvertreter Mason hat noch einen späten Termin. Die Gegend, in die es ihn verschlägt, ist nicht die beste, und so will er das Beratungsgespräch mit einem potenziellen neuen Klienten zügig hinter sich bringen.
Doch dann bleibt der Fahrstuhl stecken. Der Mann von der Notrufzentrale verspricht baldige Hilfe, aber Mason erkennt schnell, dass niemand kommen wird – und dass dies sein letzter Termin sein könnte ...
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II.
»Was ist denn los?«, fragte Ethan und kam mit Patrick sofort herbeigeeilt.
»Ein verwester Hund«, verkündete Ryan und leuchtete mit seiner Taschenlampe weiter auf seine Entdeckung.
»Bäh«, entfuhr es Patrick unwillkürlich. »Der liegt wohl schon ein Weilchen hier, so wie der aussieht.«
»Sicher ein Streuner«, meinte Ethan. »Davon soll es hier in der Gegend einige geben.«
Emily versuchte, ruhig und gleichmäßig zu atmen. Der Anblick hatte ihr doch etwas zugesetzt. Ihr Bruder, der wusste, dass sie leicht schreckhaft war, fasste sie am Arm.
»Alles okay?«
Sie nickte. »Ja, geht schon.«
»Lasst uns weitergehen!«, sagte Ethan und schritt erneut voran.
»Ich mag den Geruch hier«, sagte Ryan, als sie sich ungefähr in der Mitte der verlassenen Montagehalle befanden. »Dieses ölige, metallische.«
»Du bist schon ein bisschen pervers, Alter«, kommentierte Patrick lachend.
»Es gibt auch ein paar Urban Legends über den Ort hier«, sagte Ethan.
»So, welche denn?«, fragte Ryan interessiert und kam etwas näher.
»Na, da war zum Beispiel die über Flat Henry. Das war ein Arbeiter hier. Der soll versehentlich in eine Hydraulikpresse geraten sein.«
»Uh.« Emily schüttelte sich.
»Was ist mit ihm passiert?«, wollte Patrick wissen.
Ethan blieb stehen und drehte sich zu ihm um. »Na, was denkst du wohl, wenn er Flat Henry genannt wurde?«
Patrick grinste. »Der war bestimmt ziemlich platt.«
»Und danach soll er hier rumgespukt haben«, fuhr Ethan fort und lief weiter. »Ein paar der Leute wollen ihn noch Jahre nach seinem Tod immer wieder gesehen haben. Meist nach Einbruch der Dunkelheit.«
Ryan winkte ab. »Ach, das sind doch immer die gleichen Spukgeschichten. Lame!«
Am anderen Ende der Halle angekommen, stießen sie auf eine schmale Treppe, die weiter nach unten führte. Ethan drehte sich zu seinen Freunden um und grinste, während er die Lampe von unten auf sein Gesicht richtete. »Ladies and Gentlemen, wir gehen nun in den Untergrund«, verkündete er mit gespielt unheilvoller Stimme.
»Was ist da unten?«, fragte Emily.
»Keine Ahnung. Lagerräume vielleicht.«
»Glaub ich nicht«, meinte Patrick.
»Klugscheißer!«, raunte Ryan leise.
Sie stiegen die Eisentreppe hinunter, Ethan ging wieder voran.
Emily blickte über seine Schulter voraus und entdeckte eine T-Kreuzung. Als ihr Bruder anhielt, rempelte sie ihn an. »Sorry.«
»Wo lang?«, fragte er. »Links oder rechts?«
»Links«, sagte Ryan.
»Rechts«, meinte Patrick.
»Emily, du entscheidest«, sagte ihr Bruder und richtete den Strahl der Lampe direkt in ihr Gesicht.
Sie kniff die Augen zusammen. »He, lass das! Ist mir egal, geh einfach vor!«
»Okay, dann sag ich, wir gehen nach rechts.«
Der Korridor war schmal, und es roch stickig. Dicht über ihren Köpfen liefen Rohre entlang. »Muss ein Versorgungsgang sein oder so.«
Das ungute Gefühl, das Emily schon die ganze Zeit begleitete, wurde noch etwas stärker.
Links und rechts reihten sich mehrere Feuerschutztüren aneinander. Alle standen offen, und eine war aus den Angeln gehoben worden. Dahinter befanden sich fensterlose Räume mit Wänden aus roten Backsteinen. In manchen standen leere, rostige Metallregale.
»Also, das finde ich jetzt nicht so mega spannend«, sagte Ryan gelangweilt.
»Ja, dito«, brummte Patrick.
Emily stimmte ihnen zu. An ihren Bruder gewandt fragte sie: »Wollen wir nicht lieber wieder nach oben gehen?«
»Hm«, grummelte Ethan unzufrieden. »Ich hatte mir das auch irgendwie spannender vorgestellt.« Er wollte sich gerade umdrehen, doch dann richtete er den Strahl der Taschenlampe auf einen Punkt. »Wartet mal, das ist interessant.« Er entfernte sich etwas, lief bis ans Ende des Korridors.
»Was ist da?«, fragte Emily.
»Hey, das ist seltsam.«
Da diese Antwort weder seine Schwester, noch seine Freunde befriedigte und sie eher neugierig machten, kamen sie näher.
III.
Das darf jetzt nicht wahr sein! Kein Handyempfang. Das war Murphys Gesetz in Reinkultur. Ich überlegte kurz, welche Optionen mir jetzt noch blieben. Aber mir fiel nichts ein, was ich tun konnte. Weder hatte ich die Möglichkeit, meinen wartenden Kunden über meine missliche Lage in Kenntnis zu setzen, noch konnte ich mich anderweitig bemerkbar machen. Außer, um Hilfe schreien, aber das wollte ich mir dann doch noch etwas verkneifen.
Ich lief einen Moment im Kreis und starrte abwechselnd zur Decke und auf meine Schuhe. Dabei dachte ich die ganze Zeit daran, wie dieser Abend eigentlich hätte verlaufen sollen. In schätzungsweise einer Stunde wäre ich bei der Familie durch und mit deren Unterschriften unter diversen Verträgen im Gepäck auf dem Heimweg gewesen. Später wollte ich noch zu meinem Lieblingsitaliener und dann gemütlich vor dem Fernseher einschlafen. Doch jetzt verzögerte sich alles und es war nicht abzusehen, für wie lange. Vielleicht wäre es dem Kunden dann zu spät und wir müssten einen neuen Termin ausmachen. Schon jetzt hatte ich keinen guten Eindruck hinterlassen, dessen war ich mir bewusst. Auch wenn ich selbst nichts dafür konnte, schließlich war ich ja pünktlich gewesen. Konnte gut sein, dass die Leute sich einen anderen Makler suchten. So was ging schnell und da sie mich ja noch gar nicht kannten, hatte ich auch keinerlei Sympathieboni sammeln können.
Während ich über mein Dilemma nachdachte, verging die Zeit wie im Flug. Als ich erneut auf meine Uhr schaute, war bereits eine Viertelstunde um, ohne dass sich an meiner Situation etwas verbessert hatte. Im Gegenteil: Die leicht nach Schmieröl riechende, abgestandene Luft in der Kabine begann, mir zu schaffen zu machen. Ich streifte meinen Mantel ab und lockerte meine Krawatte etwas, um den obersten Hemdknopf zu öffnen. Nach weiteren fünf Minuten, in denen ich mich mit verschränkten Armen gegen die Wand gelehnt hatte, war es mit meiner Geduld vorbei. Ich drückte erneut den Alarmknopf. Als sich nichts rührte, begann ich wieder, Sturm zu klingeln. Dann knackte es im Lautsprecher, aber ich hörte niemanden. Also rief ich: »Hallo?«
»Ja, hallo«, kam die monotone, verrauschte Antwort.
»Wie lange wird das hier noch dauern?«
»Sie sind der Herr im Fahrstuhl in der Grenfell Street, richtig?«
Ich schaute nach oben in die kleine Kamera. »Ja, immer noch.« Ich winkte. »Können Sie mich eigentlich sehen?«
»Moment.« Nach ein paar Sekunden sagte der Mann: »Ja, Sie sind der, der winkt, richtig?«
»Ja«, antwortete ich ihm seufzend. »Und?«
»Wie bitte?«
»Ich meine, wie lange soll ich hier noch ausharren?«
»Hm. Schwer zu sagen.«
»Was soll das heißen?« Ich war nun hörbar sauer. »Haben Sie Ihren Techniker erreicht?«
»Techniker?«, wiederholte der Mann. »Der ist schon nach Hause.«
Ich dachte, ich hätte mich verhört. »Was?«, rief ich so laut in die Gegensprechanlage, dass es im ganzen Haus widerhallen musste. »Was soll denn das heißen?« Ich bekam keine Antwort, hörte nur Statik. »Hallo?« Dann verstummte das Rauschen und Knistern mit einem Mal.
Ratlos starrte ich erst auf den Lautsprecher und dann zur Kamera. Was soll die Scheiße? Mit inzwischen einer gehörigen Portion Wut im Bauch drückte ich den Alarmknopf bis zum Anschlag durch und ließ ihn nicht los. »Hallo! Hey!« Ich schaute mit grimmigem Blick in die Kamera. »Ich werde mich über Sie beschweren!« Keine Ahnung, ob der Kerl mich hören konnte, aber ich wusste mir in diesem Moment nicht anders Luft zu machen.
»Hallo?«
Ich schaute zum Lautsprecher. »Ja, hallo! Die Verbindung ist abgebrochen.«
»Tut mir leid, die Verbindung ist nicht die beste. Wahrscheinlich ein Wackelkontakt in der Leitung oder so.«
Du hast doch einen Wackelkontakt im Gehirn, dachte ich bei mir. Laut sagte ich: »Warum ist der Techniker nach Hause? Das war doch ein Scherz, oder?«
»Nein, nein. Der Mann hat Frau und Kinder und darf auch mal Feierabend machen.«
»Und die Nachtschicht?«, fragte ich. »Es kommt doch sicher eine Ablösung?«
»Ja, sicher. Aber der kommt nicht zu Ihnen.«
Hatte ich mich gerade wieder verhört? »Was? Was soll das? Wieso kommt er nicht?«
»Weil ich ihn nicht rufen werde.«
»Sie sind wohl ...« Ich schluckte eine Beleidigung herunter und knurrte stattdessen nur. »Warum rufen Sie niemanden?«
»Na, weil der Fahrstuhl gar nicht kaputt ist.«