Stirb für uns Thriller von J.P. Conrad
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Nichts ist tödlicher als die Wahrheit.
Hat der unscheinbare Buchhalter Oliver seine Frau bei lebendigem Leib eingemauert? Scotland-Yard-Ermittler Hubert Macintosh ist fest davon überzeugt. Doch der Verdächtige wartet mit einer bösen Überraschung auf.
Drei Jahre später stößt Skandalreporter Jack Calhey bei Recherchen zu einer Story über diesen seltsamen Fall - und auf die Spur einflussreicher Personen, die über Leichen gehen, um Olivers grausiges Geheimnis zu bewahren …
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Prolog
Die Welt lag auf der Seite. Zumindest hatte Keira kurz den Eindruck, bis sich ihr verschwommener Blick allmählich klärte. Sie lag auf dem Teppich; ihr Kopf ruhte auf der rechten Wange. Was war nur passiert? Wie war sie in diese unnatürliche Lage geraten? Ihr Verstand lief auf Sparflamme, ihre Gedanken bildeten eine zähe Masse. Nur mit großer Anstrengung konnte sie ihre Augen offenhalten. Sie schaute direkt auf das geschwungene Bein des runden Esstisches. Ja, dort hatte sie gesessen. Oliver und sie hatten Tee getrunken und geredet. Dann war irgendetwas vorgefallen. Keira wusste noch, dass er den Raum verlassen hatte. An dieser Stelle endete ihre Erinnerung abrupt.
Sie vermutete, dass sie ohnmächtig geworden war. Es konnte ja nur so gewesen sein. In diesem Moment kehrte auch wieder die Erinnerung an dieses merkwürdige Gefühl zurück, das sie plötzlich überkommen hatte. Müdigkeit und Schwindel waren wie aus dem Nichts aufgetaucht. War sie vielleicht krank? Sie konnte sich beim besten Willen nicht daran erinnern, sich in den letzten Tagen körperlich schlecht gefühlt zu haben. Es hatte eine Menge Wirbel um ihre Person gegeben, an dem sie selbst nicht unschuldig war. Das hatte sie aber keineswegs aus der Bahn geworfen, so wie die Male zuvor auch nicht. Nach dem Motto: ›Was dich nicht umbringt, macht dich nur stärker‹ hatte sie weiter ihre Ziele verfolgt.
Aber jetzt war sie an einem Punkt angekommen, der sie absolut erschreckte. Was ist das nur? Was passiert mit mir? Sie spürte Lähmungserscheinungen in ihren Extremitäten. Der Versuch, sich mit den Armen in eine aufrechte Position zu stemmen, scheiterte. Sie plumpste unsanft zurück auf den Teppich. Panik erfasste sie, wie ein Fisch, der ans trockene Ufer geworfen worden war. Ihr Geist war dem eigenen Körper vollkommen ausgeliefert. Er reagierte nicht auf das, was sie wollte.
Wo war Oliver nur? Rief er gerade den Krankenwagen? Das tut er ganz bestimmt. Hilfe wird gleich kommen, Keira, dann wird alles wieder gut! Sie würde die Augen schließen und einfach abwarten. Und irgendwann später, wenn man sich um sie gekümmert hätte, würde sie einfach aufstehen und wäre wieder vollkommen okay.
Sie lauschte in den Raum und hörte zunächst nur ihren eigenen Atem, den sie, auf dem Bauch liegend, mit großer Anstrengung aus den Lungen pressen musste. Dann, allmählich, nahm sie, in einiger Entfernung, dumpfe Stimmen wahr. Sie versuchte, sich auf sie zu konzentrieren. Eine erkannte sie als die von Oliver.
»Ja, ähm, sag mal, was führt dich denn hier in unsere Gegend?«
Die Frau, die Keira stimmlich nicht einordnen konnte, erwiderte: »Ich habe meine Schwester besucht. Und da dachte ich mir, schau ich spontan mal bei euch vorbei.«
»Das ist sehr lieb. Ich würde dich ja auch gerne reinbitten. Aber du erwischst mich leider auf dem völlig falschen Fuß. Ich muss gleich zu einem Termin.«
Welcher Termin? Davon hatte er nichts erwähnt. Und warum ist er so ruhig? Er hat doch mitbekommen, dass ich kollabiert bin. Oder nicht?
»Oh, schade. Ich wollte nicht vorher anrufen, es sollte ja eine Überraschung sein. Deine bessere Hälfte ist demnach nicht da?«
»Die, äh, hat sich mit Freundinnen in der Stadt getroffen«, antwortete Oliver.
Was erzählt er denn da? Das ist nicht wahr!
In Keira keimte ein fürchterlicher Verdacht auf. Hatte sie ihren desolaten Zustand etwa ihm zu verdanken? Hatte er ihr vielleicht ein Schlafmittel in den Tee getan? Oder war das alles nur ein Hirngespinst? Warum hätte er das tun sollen?
»Hm, tja, das ist Pech«, entgegnete die Frau. »Und, wie geht es Tommy?«
»Unverändert.«
»Oh, das tut mir leid. Ich denke oft an euch. Ihr habt es wirklich nicht leicht.«
»Danke. Ja, wir kämpfen uns durch.«
Keiras Verdacht war keine Einbildung. Sie erinnerte sich jetzt wieder, dass Oliver gesehen hatte, wie sie zusammengebrochen war. Erst dann hatte er das Zimmer verlassen. Sie versuchte, sich bemerkbar zu machen, wollte um Hilfe rufen. Sie öffnete den Mund, doch es kam nur heiße Luft aus ihrer Kehle; ihr Brustkorb war wie abgeschnürt.
»Ihr seid so tapfer. Ich wüsste nicht, ob ich die Kraft hätte«, sagte die Frau bedauernd. Dann seufzte sie. »Na gut, dann mache ich mich wieder auf den Weg.«
Hallo? Ich bin hier! Ich brauche Hilfe!
»Lass uns doch einfach telefonieren, dann machen wir für demnächst was aus.«
Telefonieren ... Keira fiel etwas ein. Ihr eigenes Telefon steckte in der Jacke an der Garderobe. Aber sie hatte vorhin eines gesehen, auf dem Beistelltisch neben dem Sofa. Vielleicht war es noch da. Unter größter Anstrengung drehte sie den Kopf.
»Gute Idee«, sagte die Frau. »Dann machen wir zu viert was aus.«
Ja, da ist es! Eine kleine Spitze des Smartphones ragte über die Kante. Es war keine zwei Meter entfernt; in ihrem Zustand jedoch unendlich weit weg.
»Ja, das klingt doch super«, meinte Oliver.
Keira sammelte all ihre Kraft in Armen und Beinen. Nach mehreren Versuchen gelang es ihr, ein Bein anzuwinkeln und dann wieder auszustrecken. Doch sie brauchte beide und noch ihre Arme, um sich vom Fleck bewegen zu können.
»Robert hat übrigens den Job gewechselt«, plauderte die Frau weiter.
»So. Was macht er jetzt?«
»Na, immer noch Verlagswesen. Aber er ist zu Marmot gewechselt. Kennst du bestimmt.«
Während sie sich auf ihre Gliedmaßen konzentrierte, lauschte sie weiter mit einem Ohr die Unterhaltung an der Haustür. Sie wusste, dass sie nicht mehr viel Zeit haben würde.
»Marmot, äh, ja. Die machen Kinderbücher, richtig?«
»Ja. Die bringen doch unter anderem die von Pamela Ashcroft raus.«
»Ashcroft?«
»Die hat Tommy sicher auch gelesen. Zumindest hatten wir ihm zum fünften oder sechsten Geburtstag mal eins geschenkt.«
Die halbe Strecke hatte Keira, flach auf dem Boden robbend, bewältigt. Sie spürte, wie sich durch die Anstrengung Schweiß auf ihrer Stirn bildete. Es fehlte nur noch ein kleines Stück, dann würde sie den Arm ausstrecken können – wenn sie dazu in der Lage war.
»Oh, ja. Stimmt«, erwiderte Oliver beschämt. »Du, sei mir nicht böse, aber ich muss mich gleich fertigmachen.«
»Ja, entschuldige. Ich will dich nicht aufhalten. Sonst alles okay?«
»Hm?«
»Du wirkst etwas nervös.«
Kann ich mir gut vorstellen! Keiras Hirn fuhr Karussell mit ihr. Sie hatte große Mühe, noch die Orientierung zu behalten; ihr Blickfeld war verzerrt. Jeder Zentimeter, den sie sich vorwärts bewegte, erforderte maximale Anstrengung.
»Ja, äh ... ich muss zum Zahnarzt.«
»Oh, du Armer«, sagte die Frau bedauernd. »Und das auch noch am Samstag?« Etwas verwundert fragte sie: »Wer macht denn am Wochenende Termine?«
»Ich ... ich meine, wir kennen den ganz gut.«
Keira hob den rechten Arm. Es kam ihr in diesem Moment wie die schwerste Aufgabe vor, die sie jemals in ihrem Leben zu bewältigen hatte.
»Das ist praktisch«, meinte die Frau an der Haustür und fragte dann: »Wegen Tommy ... meinst du, wir können ihn auch mal besuchen?«
Keiras Zeigefinger streifte die Tischkante – nur noch ein winziges Stück trennte sie von ihrem Ziel.
»Das ist sehr lieb«, sagte Oliver. »Aber das müsst ihr wirklich nicht. Obwohl er sich sicher freuen würde.«
»Dann können wir das ja verbinden, wenn wir uns demnächst treffen.«
»Das machen wir!«
»Dann richte deiner Frau schöne Grüße aus.«
»Mache ich auf jeden Fall. Bis bald!«
Keira hörte, wie die Tür ins Schloss fiel. Dann ein Aufstöhnen von Oliver. Sie war sich sicher, dass sie mit ihrem verzweifelten Plan scheitern würde.