Weibsstücke Schaurige Kurzgeschichten von Tatja Naditar

Erscheint am 05.09.2025
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Das Schicksal hat 20 Gesichter.

Weibsstücke schildert die entscheidenden Wendepunkte im Leben verletzlicher, unbeugsamer, entschlossener Frauen – zwischen Leidenschaft und Angst, Hingabe und Verrat, Leben und Tod.

Zwanzig schaurig-schöne Kurzgeschichten, die zeigen: Das Abgründige ist oft nur einen Herzschlag entfernt.

Ob in Vergangenheit oder Gegenwart, in alltäglichen Momenten oder im Ausnahmezustand: Jede Geschichte öffnet einen Blick in Abgründe, die uns näher sind, als wir glauben möchten. Ein falsches Wort, eine Begegnung im Dunkeln, eine Entscheidung im Zorn – und plötzlich ist nichts mehr, wie es war.

Tatja Naditar führt ihre Leserinnen und Leser mit scharfem Blick in seelische Grenzbereiche. Ihre Figuren stehen auf der Kippe zwischen Opfer und Täterin, Liebe und Besessenheit, Vertrauen und Verrat. Dabei zeigt sie, dass das Unheimliche und Bedrohliche oft mitten im Alltag lauert – in einer flüchtigen Begegnung, in einer Beziehung, in einem vermeintlich harmlosen Augenblick.

Die Geschichten sind mal beklemmend, mal subtil unheimlich, manchmal bitterböse und immer eindringlich. Jede erzählt von einem Moment, in dem sich alles entscheidet – ein Herzschlag, der über Glück oder Abgrund bestimmt.

Illustriert wird die Sammlung von Christina Spielbauer, deren Zeichnungen die Atmosphäre der Texte kunstvoll verstärken: geheimnisvoll, dunkel, elegant.

Wer düstere Kurzgeschichten liebt, wird in Weibsstücke eine packende Vielfalt finden: Zwanzig Miniaturen des Schicksals, die zeigen, dass das Abgründige oft nur einen Atemzug entfernt ist.

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Elisabeth

Sie schlug die Augen auf. Undurchdringliche Schwärze umgab sie. Die Luft war schwül und stickig. Elisabeth fiel das Atmen schwer, während sie ruhig liegen blieb und darauf wartete, dass sich ihre Augen an die Dunkelheit gewöhnten. Ihre Lungen schmerzten bei jedem Atemzug. Die Schwindsucht hatte sie geschwächt. Sie fühlte eine bleierne Mattigkeit auf sich ruhen. Sie hatte Durst. Die Zunge klebte ihr am Gaumen und ihre Lippen waren trocken.

Einige Zeit verging, doch es veränderte sich nichts. So sehr sie sich auch bemühte, ihre Augen konnten keinen Anhaltspunkt in der Dunkelheit ausmachen. Wo immer sie sich befand, nicht der kleinste Lichtschein drang in den Raum hinein. Sie lag hart, ihr Rücken schmerzte. Vorsichtig versuchte sie, sich zu bewegen. Da spürte sie, dass ihre Hände auf der Brust lagen und etwas umschlossen hielten. Langsam ertastete sie den Gegenstand, den man ihr in die Hand gelegt hatte: ein Kreuz.

Eine schreckliche Erkenntnis erfasste sie. Der Schrei des Entsetzens verwandelte sich jedoch in einen schmerzenden Hustenanfall, als sie scharf die schlechte Luft einzog. Sie warf den Kopf zur Seite, um dem beklemmenden Gefühl des Erstickens zu entkommen, und stieß hart gegen das Holz. Panik stieg in ihr auf. Ihr Herz schlug so heftig, dass ihr Blut in den Ohren dröhnte. Das Husten wollte nicht aufhören, solange sich ihr rasender Atem nicht beruhigte. Es erfüllte den kleinen Raum, der sie umgab. Sie spürte, wie Blut aus ihren Lungen aufstieg und ihr aus dem Mund lief. Es blieb ihr gerade so viel Platz, um sich auf die Seite zu drehen. Sie versuchte, die Beine anzuziehen, doch auch dort stieß sie auf glattes Holz. Tränen der Verzweiflung rannen über ihre Wangen.

Elisabeth wusste nicht, wie lange es dauerte, bis sie sich so weit beruhigt hatte, dass sie aufhören konnte zu husten und nur noch ihr rasselnder Atem den winzigen Raum erfüllte. Ihr Kopf schmerzte entsetzlich vor Angst. Sie versuchte zu schreien, doch außer einem heiseren Krächzen drang kein Laut aus ihrer trockenen, geschundenen Kehle. Ihre Tränen waren versiegt. Sie konnte nicht mehr weinen. Es war zu viel.

Obwohl die Angst vor der Gewissheit eigentlich zu groß war, begann Elisabeth, den Raum um sich herum abzutasten. Glattes Holz umgab sie zu allen Seiten und ließ ihr nur wenig Platz. Schon jetzt hatte sie kaum noch Kraft. Trotzdem, nur von der Verzweiflung getrieben, versuchte sie, die Fingernägel ins Holz über sich zu graben. Immer wieder glitt sie ab, fand keinen Ansatz, und trotzdem versuchte sie es weiter. Ihre Nägel brachen, Blut sickerte aus den Fingerkuppen. Sie hielt durch, bis sie nicht einmal mehr die Kraft hatte, die Hand zu heben.

Die Erkenntnis, dass es ohnehin keinen Ausweg gab, war nicht tröstlich. Doch mit ihr kam eine seltsame Ruhe. Es war vorbei. Durch ihre Krankheit war sie dem Tod ohnehin geweiht. Sie griff nach dem Kruzifix, das man ihr zur letzten Ruhe mitgegeben hatte, und drückte es an die Brust. Dann betete sie, dass die Erlösung bald kommen möge. Wie lange konnte sie hier wohl noch überleben, lebendig begraben und zum hoffnungslosen Ausharren verurteilt? Wann würde sie wohl aus ihrem dunklen Grab befreit werden?

Während sie so dalag und ihre Gedanken kreisten, spürte sie, wie ihr Geist sich immer weiter von ihrem schmerzenden Körper entfernte …